Im Roman „Der Dämon und Fräulein Prym“ zeichnet Paulo Coelho den Kampf zwischen Gut und Böse nach, den Kampf in uns allen. Coelho geht siegreich aus der Schlacht hervor und erobert mein Herz zurück.
Es ist ein kleines Dorf – es gibt nichts zu erleben, die Ortschaft Bescos droht auszusterben, weil der Nachwuchs wegzieht, um wo anders das große Glück zu finden. Dann kommt ein Fremder in den Ort und mit ihm 11 Goldbaren – sie sollen den Einwohnern von Bescos gehören, wenn innerhalb einer Woche ein Mord geschieht.
Der Fremde möchte sehen, ob am Ende das Gute oder das Böse siegt. Er selbst hat innerliche Kämpfe gefochten mit dem Guten und dem Bösen, wobei das Böse letztlich gesiegt hat.
Gut vs. Böse
196 Seiten ist der Kampf zwischen dem Dämon und dem Engel lang. Spannend ist der Kampf ab den ersten Zeilen. Ist man von den scharfsinnigen Gedankengängen von Coelho sowieso schon fasziniert, wird man von einer Wendung, einer Geschichte hinter der Geschichte überrascht, die aus einem Thriller stammen könnte – eigentlich untypisch für den Autor. Es bleibt spannend – siegt am Ende das Gute oder das Böse? Muss jemand sterben in dem kleinen verschlafenen Bergdorf und wenn ja, wer wird es sein. Im Roman zeigt er auf, was die Motive für das Gute oder das Böse sind.
Coelho erobert in diesem Roman mein Herz zurück – ich verschlinge das Buch beinahe. Ich bin hochkonzentriert, weit weg von meiner persönlichen Realität und meinem persönlichen Realitätsausflüchten, ich bin mittendrin in Bescos. Die Geschichte verbindet Coelho mit Auszügen aus der Bibel – wer sind Adam und Eva und was ist das Paradies, was ist der Himmel und was die Hölle, was sind Engel und was sind Dämonen. Er verbindet irdisches mit überirdischem, real greifbares mit spirituellem.
Spannend ist auch das Ende – hier wird noch einmal klar, was kollektives Schweigen hervorrufen kann, was Feigheit für Folgen haben kann, wie man sich zum Mittäter macht, wenn man sich nicht gegen eine Handlung stellt – Gedanken an Genozide, Gedanken an Kriegsverbrechen, Gedanken an den Nationalsozialismus kommen in mir während des Lesens hoch.
Weisheiten
„Sie hatte herausgefunden, daß [sic!] es zwei Dinge gibt, die einen Menschen daran hindern, seine Träume zu verwirklichen: der Glaube, sie seien ohnehin unerfüllbar, oder wenn diese durch eine unerwartete Drehung des Schicksalsrades plötzlich doch erfüllbar werden. In solchen Augenblicken bekommt man Angst vor einem Weg, von dem man nicht weiß, wohin er führt, vor einem Leben voller unbekannter Herausforderungen, davor, daß [sic!] vertraute Dinge für immer verschwinden könnten.“ – Paulo Coelho, Der Dämon und Fräulein Prym, 2001: S. 40f.
„Die barmherzige Seele spielen war nur etwas für die, die Angst hatten, im Leben Stellung zu beziehen. Es ist immer einfacher, an die Güte zu glauben, als den anderen die Stirn zu bieten und für die eigenen Rechte zu kämpfen. Es ist immer einfacher eine Beleidigung stillschweigend hinzunehmen, als den Mut aufzubringen, gegen jemand Stärkeren zu kämpfen.“ – Paulo Coelho, Der Dämon und Fräulein Prym, 2001: S. 49f.
„Immer wenn Sie etwas erreichen wollen, müssen Sie die Augen offenhalten, sich voll konzentrieren und genau wissen, was Sie wollen. Niemand erreicht sein Ziel mit geschlossenen Augen.“ – Paulo Coelho, Der Dämon und Fräulein Prym, 2001: S. 57
„Ich will dazu nur sagen, daß [sic!] Böses nie Gutes bringt.“ – Paulo Coelho, Der Dämon und Fräulein Prym, 2001: S. 144
„ ‚Noch nicht. Aber ich habe die Hölle kennengelernt und weiß, daß sie schrecklich ist, obwohl sie von außen anziehend wirkt.‘ Ihr war klar, dass er Bescos meinte. ‚Sie irren sich, Pater. Sie waren im Paradies und haben es nicht bemerkt. So geht es im übrigen den meisten Menschen auf dieser Welt. Sie suchen das Leben an den fröhlichsten Orten, weil sie glauben, sie hätten es nicht verdient, glücklich zu sein.‘“ – Paulo Coelho, Der Dämon und Fräulein Prym, 2001:S. 172f.
„Savinus und Ahab hatten die gleichen Triebe – das Gute und das Böse kämpften um sie wie um alle Seelen auf der Erde. Als Ahab begriff, daß Savinus wie er war, begriff er zugleich, daß er war wie Savinus. Es war alles nur eine Frage der Selbstkontrole. Und eine Frage, wie man sich entscheidet. Nichts weiter.“ – Paulo Coelho, Der Dämon und Fräulein Prym, 2001: S. 193
Paulo Coelho, Der Dämon und Fäulein Prym, Diogenes Verlag, Zürich, 2001